Erlass des Pflichtteilsanspruchs
Kann ich auch einen Pflichtteilsanspruch ausschlagen?
Durch den Tod des Erblassers entsteht der Anspruch des enterbten Pflichtteilsberechtigten auf seinen Pflichtteilsanspruch. Anders als bei der Erbschaft besteht für den Pflichtteilsberechtigten keine Möglichkeit, den Pflichtteilsanspruch auszuschlagen.
Der Erlass eines Pflichtteilsanspruchs ist streng von einem Pflichtteilsverzicht abzugrenzen, denn dieser wird nämlich bereits vor dem Tod des Erblassers mit dem Erblasser selbst vereinbart und bedarf zudem auch der notariellen Beurkundung.
Grundsätzlich wird der Pflichtteil mit dem Tod des Erblassers fällig. Es ist zu beachten, dass es sich bei dem Pflichtteilsanspruch um einen Geldsummenanspruch handelt, den der Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem Erben oder der Erbgengemeinschaft geltend machen muss.
Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten noch zu Lebzeiten angeboten, einen Pflichtteilsverzicht zu unterzeichnen und ist der Erblasser inzwischen verstorben, stellt sich die Frage, ob der Pflichtteilsverzicht in einen Erlass umzudeuten ist. In seiner Entscheidung vom 13.11.1996 hat der BGH eine solche Umdeutung abgelehnt (IV ZR 62/96).
Will der Pflichtteilsberechtigte einen Erlass des Pflichtteilsanspruchs erklären, bedarf es eines Erlassvertrags. Der Erlassvertrag im Sinne des § 398 Absatz 1 BGB ist ein gegenseitiger Vertrag, dem sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner zustimmen müssen. Hierbei ist der Gläubiger des Anspruchs der Pflichtteilsberechtigte und der Schuldner die übrigen Erben beziehungsweise die Erbengemeinschaft.
Der Erlassvertrag kann formfrei geschlossen werden.
Sollte der Pflichtteilsberechtigte noch minderjährig sein, wird regelmäßig eine familiengerichtliche Genehmigung notwendig sein (§ 1643 Absatz 1, § 1854 Nr.8 BGB). Ausnahmsweise bedarf es dieser nicht, wenn das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils pflichtteilsberechtigt wird (§ 1643 Absatz 2 Satz 2 BGB).
Grundsätzlich ist der Pflichtteilsberechtigte bei den Vertragsverhandlungen aufgrund seines fälligen Anspruchs in der stärkeren Position. Dennoch ist stets zu beachten, dass der Erlassvertrag nicht gegen gute Sitten verstößt. Dieses ist unter anderem anzunehmen, wenn der Pflichtteilsberechtigte einem Irrtum unterlag oder bedroht wurde.
Wurde der Erlassvertrag wirksam geschlossen, hat dieser zur Folge, dass der Anspruch in Höhe des erlassenen Vertrags erlischt. Von der Wirkung her differenziert sich der Erlassvertrag von der bloßen Nichtgeltendmachung des Anspruchs. Denn in diesem Fall würde der Pflichtteilsanspruch nicht direkt erlöschen, sondern lediglich im Laufe der Zeit verjähren.