Welche Wirksamkeitsvoraussetzungen für Testamente gibt es?

Das englische Recht kennt neben dem Einzeltestament auch das gemeinschaftliche Testament (joint will) und das gegenseitige Testament (mutual will). Jedoch ist der Erbvertrag im englischen Recht nicht bekannt. Dennoch gibt es die Möglichkeit sich vertraglich zu verpflichten, eine bestimmte letztwillige Verfügung zu treffen (contract to make a will).

 

Nach englischem Recht kann ein formell wirksames Testament unter folgenden Voraussetzungen errichtet werden:

 

  1. Zunächst muss der Erblasser testierfähig und in der Lage sein, den Inhalt und die Auswirkungen des Testaments zu verstehen.

 

  1. Das Testament bedarf der Schriftform und muss von dem Erblasser selbst oder durch eine andere Person auf Weisung und in Anwesenheit des Erblassers unterzeichnet werden. Die Unterzeichnung oder deren Anerkennung muss zudem bei gleichzeitiger Anwesenheit von mindestens zwei Zeugen erfolgen, welche das Testament ebenfalls unterschreiben müssen.

 

Gibt es in England und Wales ein Pflichtteilsrecht?

Das englische Recht kennt keinen Pflichtteil wie im deutschen Recht. Unter Umständen kann jedoch ein entsprechender Schutz in Form der sog. „family provision“ durch den Inheritance Act 1975 gewährt werden.

 

Hiernach ist es den Gerichten nach deren Ermessen möglich, bedürftigen Angehörigen auf Antrag Rechte gegen den Nachlass zu gewähren. Dieses ist möglich, wenn die ansonsten erbberechtigte Person entweder gar nicht oder nicht ausreichend bedacht wurde.

 

Antragsberechtigt sind:

  • Der überlebende Ehegatte
  • Ein ehemaliger Ehegatte unter der Bedingung, dass er nicht erneut geheiratet hat
  • Ein Abkömmling des Erblassers
  • Jede Person, welche in einer Ehe des Erblassers wie ein Kind behandelt wurde
  • Jede Person, die unmittelbar vor dem Tod von dem Erblasser Unterhalt erhalten hat,
  • Jede Person, welche in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des Erblassers mit diesem zusammengelebt hat.

 

Es ist jedoch zu beachten, dass das OLG Köln in seinem Urteil vom 22.04.2021 festgestellt hat, dass das fehlende Pflichtteilsrecht im englischen Recht aus deutscher Sicht gegen den orde public, also gegen die öffentliche Ordnung verstößt (Akz.: 24 U 77/20). Nach diesem Urteil zähle aus deutscher Sicht eben auch das in den §§ 2303 ff. BGB normierte Pflichtteilsrecht, welches den Familienangehörigen grundsätzlich eine unentziehbare und bedarfunabhängige, wirtschaftliche Mindestbeteiligung am Nachlass garantiere.

 

Die Revision gegen das Urteil des OLG Köln wurde von dem BGH mit Urteil vom 29.06.2022, IV ZR 110/21, als unbegründet zurückgewiesen.