Annahme und Ausschlagung im internationalen Erbrecht

 

Wenn der Erblasser im Ausland verstorben ist, kommen auf die Erben einige Schwierigkeiten zu. Eine Schwierigkeit ist, dass sich die internationale Zuständigkeit für Entscheidungen in Erbsachen gemäß Art. 4 EuErbVO grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers richtet. Dies meint grundsätzlich auch die Zuständigkeit für die Entgegennahme von Erklärungen über die Annahme und Ausschlagung von Erbschaften. Gäbe es also keine Sondervorschrift, müssten Erben eine entsprechende Erklärung immer bei ausländischen Gerichten einreichen und möglicherweise, abhängig von den jeweiligen staatlichen Voraussetzungen, auch persönlich erscheinen.

 

Annahme und Ausschlagung nach Art. 13 EuErbVO

 

Daher sieht Art. 13 EuErbVO vor, dass Erben die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft auch vor den Gerichten des Staates ihres eigenen gewöhnlichen Aufenthalts erklären können. In Deutschland lebende Erben können also auch in Deutschland annehmen oder ausschlagen.

 

Ob die Erklärungen in Schrift- oder anderer Form einzureichen sind, bestimmt sich nach den Regelungen des Staates, in dem der Erbe lebt, Art. 28 lit. b EuErbVO. In Deutschland erfolgt die Ausschlagung durch einfache Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht – die Ausschlagung kann auch mündlich erfolgen (§ 1945 I BGB).

 

Erklärung des Verfahrens am Beispiel

 

Der folgende Beispielsfall ist (verändert) an eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 26.10.2018 angelehnt und soll die Probleme und deren Lösung darstellen.

Der Erblasser ist am 17.8.2020 mit letztem Wohnsitz in Spanien verstorben. Die Alleinerbin erhielt am gleichen Tag Kenntnis über den Erbfall und übersandte eine notariell beurkundete Erklärung der Ausschlagung der Erbschaft an die Amtsgerichte der Städte R und L. Im Bezirk des Gerichts der Stadt R lebte der Erblasser vor seinem Umzug nach Spanien im Jahr 2010. Im Bezirk des Gerichts aus der Stadt L lebt die Alleinerbin. In der Folge erklären sich die beiden Gerichte für unzuständig.  Das Gericht der Stadt R stützte sich dabei auf die Annahme, da der Erblasser in Spanien verstorben sei, müsse die Erklärung an eine spanische Behörde übersandt werden.

Auch das AG L erklärt, da der Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls weder Wohnsitz noch Aufenthalt im Inland gehabt habe, sei es nicht zuständig. Die Zuständigkeit der Gerichte musste durch das OLG Düsseldorf bestimmt werden.

 

Problem der örtlichen Zuständigkeit

 

Wie oben bereits festgestellt, regelt Art. 13 EuErbVO die internationale Zuständigkeit für die Annahme von Erklärungen. Welches Gericht vor Ort zuständig ist, ergibt sich aus dem jeweiligen nationalen Verfahrensrecht.

Das deutsche Recht regelt die Frage in § 31 S. 1 IntErbRVG. Örtlich zuständig ist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da der gewöhnliche Aufenthalt der Beteiligten im Bezirk des AG aus der Stadt L liegt, erklärt das OLG Düsseldorf dieses Gericht für zuständig.

 

Das AG aus der Stadt L nimmt nun die Erklärung entgegen. Die Alleinerbin betrachtet den Fall als für sie erledigt, immerhin habe sie ausgeschlagen und sei nun keine Erbin geworden. Als sie am 20.10.20 Post von spanischen Behörden erhält, die sie zur Erklärung auffordern, ob sie die Erbschaft annehme, fällt sie aus allen Wolken. Sie dachte, das deutsche Gericht würde ihre Ausschlagung selbstständig weiterleiten. Jetzt sorgt sie sich, ob sie nicht irgendwelche Fristen versäumt.

 

Problem der Übermittlung

 

In dem Sachverhalt der Entscheidung des OLG Düsseldorf hat das AG der Stadt L argumentiert, seine Pflicht zur Entgegennahme beschränke sich alleine auf die Protokollierung. Dem tritt das OLG Düsseldorf mit der Auffassung entgegen, eine Erklärung gegenüber dem nach Art. 13 EuErbVO zuständigen Gericht würde eine Erklärung gegenüber dem nach dem international zuständigen Gericht ersetzen. Dies bedeute aber keine Übermittlungspflicht, was auch den Erwägungsgründen des europäischen Gesetzgebers entspricht. Für die Übermittlung war die Alleinerbin zuständig. Zu diesem Zweck hätte das Gericht der Stadt L der Alleinerbin aber gemäß § 31 S. 3 Hs. 1 IntErbRVG die Urschrift der Niederschrift oder die Urschrift der Erklärung in öffentlich beglaubigter Form auszuhändigen, damit sie diese an die zuständige ausländische Stelle im Original weiterleiten kann. Außerdem hätte der Ort und das Datum der Entgegennahme vermerkt werden müssen (§ 31 S. 3 Hs. 2 IntErbRVG ), um der Alleinerbin auch insoweit den Nachweis vor der zuständigen Stelle im Ausland zu ermöglichen.

 

Problem der Fristwahrung

 

Hinsichtlich der Fristwahrung muss leider gesagt werden, dass die Rechtslage bisher unklar ist. Nimmt man wie das OLG Düsseldorf an, dass eine Erklärung nach Art. 13 EuErbVO die Erklärung gegenüber dem ausländischen Gericht ersetzt, dann würde dies auch für die Frist gelten. Eine fristwahrende Erklärung gegenüber dem heimischen Gericht würde demnach auch im Ausland die Frist wahren, selbst wenn sie dem ausländischen Gericht verspätet zugeht. Zum Beweis der Fristwahrung ist der Vermerk nach § 31 S. 3 Hs. 2 IntErbRVG nötig. Darauf ist also dringend zu achten.

Diesem Ergebnis könnte aber Erwägungsgrund 32 S. 3 EuErbVO entgegenstehen, wonach die erklärenden Personen das Gericht oder die Behörde, die mit der Sache befasst ist oder sein wird, „innerhalb der vom Erbstatut vorgesehenen Frist“ selbst von der Abgabe der Erklärung in Kenntnis setzen sollten. In unserem Fall müsste die Alleinerbin danach die zuständige spanische Stelle innerhalb der Frist von der Ausschlagung in Kenntnis setzen.

 

Fazit

 

Für eine endgültige Klärung dieser Frage ist aber eine Entscheidung des EuGH nötig. Daher bleibt an dieser Stelle nur festzuhalten, dass Rechtssicherheit nur mit der eigenen Weiterleitung der Erklärung innerhalb der Frist erreicht werden kann. Dass hierzu Kenntnisse des ausländischen materiellen und Verfahrensrechts erforderlich sind, ist offensichtlich. Aus diesem Grund arbeiten wir im Interesse unserer Mandanten eng mit europäischen Partnern zusammen.  

 

 

 

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