Erbschaftssteuer in der Erbengemeinschaft

Gibt es aufgrund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge mehrere Erben, so bilden diese eine Erbengemeinschaft. Grundsätzlich gilt in der Erbengemeinschaft, dass diese gemeinsam von allen Erben verwaltet wird und die Nachlassgegenstände den Erben gemeinsam gehören. Es handelt sich um eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft. Ein einzelner Erbe kann in der Erbengemeinschaft also über seinen Anteil an einzelnen Nachlassobjekten (Immobilie, Bankkonto, Unternehmensanteil etc.) nicht verfügen.

Wer ist für die Abgabe der Steuererklärung und Zahlung der Erbschaftssteuer verantwortlich?

Obwohl der Nachlass in einer Erbengemeinschaft gemeinsam verwaltet wird, trifft die Verpflichtung zur Abgabe einer Erbschaftssteuererklärung und zur Zahlung der Erbschaftssteuer nicht die Gemeinschaft, sondern jeden einzelnen Miterben. Die in der Erbengemeinschaft verhafteten Nachlassgegenstände werden dem einzelnen Miterben entsprechend seiner Erbquote anteilig zugerechnet, soweit das aus steuerlicher Sicht geboten ist (§ 39 Absatz 2 Nr. 2 AO)

Wie berechnet sich die Erbschaftssteuer des einzelnen Miterben?

Die Erbschaftssteuer des einzelnen Miterben hängt zunächst einmal davon ab, welcher Nachlasswert dem einzelnen Miterben entsprechend seiner Quote zugerechnet wird. Die Höhe der Erbschaftssteuerbelastung hängt aber zudem von ganz individuellen Voraussetzungen ab, die bei jedem Miterben unterschiedlich sein können. Vor allem ist das Verwandtschaftsverhältnis des Miterben zum Erblasser für die Steuerklasse und die Freibeträge maßgebend. Der Ehegatte, Kinder, Stiefkinder, Enkelkinder und Eltern werden der Steuerklasse I zugeordnet, Geschwister, Neffen/Nichten und Schwiegereltern der Steuerklasse II und sonstige Dritte, so auch Lebensgefährten des Erblassers der Steuerklasse III. Je nach Steuerklasse und Höhe des Erwerbs ergeben sich dann unterschiedliche Steuersätze. Auch die Freibeträge hängen vom Verhältnis des Begünstigten zum Erblasser ab. Aus diesem Grund ist die Erbschaftssteuerbelastung für jeden Miterben getrennt zu ermitteln und kann im Ergebnis auch bei gleicher Erbquote unterschiedlich hoch sein.

Kann die Erbschaftssteuer aus dem Nachlass bezahlt werden?

Die Verpflichtung zur Zahlung der Erbschaftssteuer trifft nicht die Gemeinschaft, sondern jeden einzelnen Miterben. Wurde die vom Miterben zu zahlende Erbschaftssteuer vom Finanzamt durch Bescheid festgestellt, stellt sich die Frage, ob der Miterbe die Erbschaftssteuerschuld aus Mitteln des Nachlasses bezahlen kann. Die getrennte Feststellung der Erbschaftssteuer für jeden einzelnen Miterben ändert nichts daran, dass die Erben über den Nachlass grundsätzlich nur gemeinschaftlich verfügen können. Es ist also nicht möglich, dass ein Miterbe etwa die Bank, welche ein Nachlasskonto führt, anweist, seine persönliche Erbschaftssteuer vom Konto des Erblassers zu zahlen. Hierzu würde es der Zustimmung aller Miterben bedürfen. Grundlage für eine solche Anweisung aller Miterben wäre eine (Teil-)Erbauseinandersetzung. Die Erben können sich natürlich im Rahmen der Auseinandersetzung darüber verständigen, dass Teile des zum Nachlass gehörenden Vermögens unter den Erben verteilt werden. So ist es denkbar, dass ich die Miterben sich bereits vor einer endgültigen Auseinandersetzung darauf verständigen, dass schon einmal die Erbschaftssteuerverpflichtungen der einzelnen Miterben vom Nachlasskonto bezahlt werden. Typischerweise ist ein Miterbe dann dazu bereit sein, sich auf die Zahlung der Erbschaftssteuerschuld des anderen Miterben vom Nachlasskonto einzulassen, wenn auch seine eigene Erbschaftssteuerschuld durch eine Zahlung vom Nachlasskonto getilgt wird. Sind die Erbschaftssteuerverpflichtungen unterschiedlich hoch, so kann eine solche (Teil-)Erbauseinandersetzungsvereinbarung z.B. so gestaltet werden, dass der Miterbe mit der geringeren Erbschaftssteuerschuld eine Ausgleichszahlung aus dem Nachlass erhält.

Besteht die Erbschaftssteuerverpflichtung auch dann, wenn der Miterbe aus dem Nachlass noch gar nichts erhalten hat?

Ja, die Erbschaftssteuerschuld des einzelnen Mitreben entsteht mit dem Erbfall. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und die Verteilung der Nachlassgegenstände ist keine Voraussetzung für das Entstehen der Erbschaftssteuerschuld. Können sich die Erben nicht auf ein Verteilung einigen, so kann die Auseinandersetzung sehr lange dauern. Zwar könnten sich die Miterben „wenigstens“ über eine Zahlung der Erbschaftssteuern aus dem Nachlass einigen. Bestehen jedoch grundsätzliche Differenzen oder streiten die Miterben über die richtige Art der Verwaltung des Nachlasses, so wird sich auch eine Einigung über die Zahlung der Erbschaftssteuern aus dem Nachlass nur schwer erreichen lassen. Die Miterben stehen dann vor dem Problem, die Erbschaftssteuer aus eigenen Mitteln leisten zu müssen, obwohl sie aus dem Nachlass noch nichts erhalten haben. Unter Umständen kann ein Miterbe in diesem Fall beim Finanzamt die Stundung der Erbschaftssteuerschuld beantragen.

Wie wirkt sich die Verteilung des Nachlasses auf die Erbschaftssteuer aus?

Die Verteilung des Nachlasses erfolgt im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Diese Verteilung ist für die Höhe der Erbschaftssteuer grundsätzlich nicht relevant. Grundsätzlich ist für die Höhe der Erbschaftsteuerschuld auch nicht beachtlich, wenn einem Miterben im Rahmen der Verteilung mehr oder weniger zufließt, als ihm aufgrund der Erbquote zugestanden hätte.

Achtung: Auch wenn es für die Erbschaftssteuer nicht von Bedeutung ist, kann eine solche Ungleichverteilung kann gleichwohl ungewollte steuerliche Konsequenzen haben. Erhält ein Miterbe zulasten der anderen Miterben mehr als ihm nach der Quote bzw. den Anordnungen des Erblassers zusteht, kann dies vom Finanzamt als steuerpflichtige Schenkung des einen Miterben an den anderen Miterben bewertet werden.

Beispiel:

Der Bruder B und die Schwester S sind beide Erben ihrer Mutter zu je ½. Zum Nachlass gehört eine Immobilie im Wert von 600.000,00 € und ein Wertpapierdepot im Wert von 400.000,00 €. Da B sehr wohlhabend ist, möchte er seiner Schwester S die Immobilie überlassen und begnügt sich im Rahmen der Erbauseinandersetzung mit dem Wertpapierdepot. Obwohl B nur ein Wert von 400.000,00 € zufließt und der Freibetrag für Kinder 400.000,00 € beträgt (sonstige Freibeträge und Vergünstigungen bleiben außer Betracht), setzt das Finanzamt gegen B Erbschaftssteuer fest: Der Nachlass hat insgesamt einen Wert von 1 Mio. €. Nach den Erbquoten werden A und B vom Finanzamt erbschaftssteuerliche Erwerbe von jeweils 500.000,00 € zugerechnet. Auch wenn dem B nur 400.000,00 € zugeflossen sind, muss er auf den Betrag von 100.000,00 € 7% Erbschaftssteuer zahlen. Obwohl der Schwester S aufgrund der ungleichen Verteilung 600.000,00 € zugeflossen sind und damit 200.000,00 € mehr als der Freibetrag für Kinder, muss sie – ebenso wie ihr Bruder - nur auf den Betrag von 100.000,00 € 7% Erbschaftssteuer leisten. Das Finanzamt bewertet diesen Vorgang jedoch zudem als Schenkung zwischen B und S. Schenkungen unter Geschwister werden der Steuerklasse II zugeordnet und unterliegen je nach Höhe der Schenkung einem Steuersatz von 15% bis 43%. Im Beispiel würde das Finanzamt wegen der Schenkung von B an S in Höhe von 100.000,00 € eine Schenkungssteuer von 15%, also 15.000,00 € gegen S festsetzen (stark vereinfacht).

Glossar