Vor- und Nacherbschaft

 

Testierende haben häufig den Wunsch, auch darauf Einluss zu nehmen, was mit ihrem Vermögen oder einzelnen Gegenständen nach dem Tod ihres oder ihrer Erben geschehen soll. Ein Mittel für die langfristige Nachlassplanung ist die Anordnung einer Nacherbschaft. 

 

Was ist eine Vor- und Nacherbschaft?

 

Der Nacherbe ist die vom Erblasser eingesetzte Person, die erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist (§ 2100 BGB). Vorerbe ist die Person, die zeitlich vor dem Nacherben Erbe des Erblassers geworden ist. Wenn es einen Nacherben gibt, so gibt es auch immer einen Vorerben. Vorerbschaft und Nacherbschaft gehören also zwingend zusammen. 

Vorerbe und der Nacherbe sind Erben des gleichen Erblassers, sie erben zeitlich nacheinander und bilden daher keine Erbengemeinschaft. Es können auch mehrere Personen Vor- und Nacherbe werden. 

Die Vor- und Nacherbschaft ist von der Einsetzung eines Schlusserben streng zu unterscheiden. Hier gibt es in der Praxis häufig Missverständnisse. Setzen sich die Eheleute in einem Ehegattentestament gegenseitig zu Alleinerben und verfügen sie, dass die gemeinsamen Kinder Erben des zuletztversterbenden Ehegatten sein sollen (so genanntes "Berliner Testament"), so handelt es sich nicht um die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft. Im ersten Erbfall, also wenn einer der Ehegatten verstirbt, wird zunächst der überlebende Ehegatte alleiniger Erbe. Verstirbt später dann auch der zunächst überlebende Ehegatte, so werden die gemeinsamen Kinder beim Berliner Testament nicht Erben des zuerst verstorbenen Ehegatten, sondern ausschließlich Erben des zuletzt verstorbenen Ehegatten. Sie werden deshalb als Schlusserben bezeichnet. 

 

Welche Rechte und Pflichten haben die Vor- und Nacherben?

 

Durch den Eintritt des Erbfalls erhält der Vorerbe eine echte Erbenstellung und der Nacherbe ein Anwartschaftsrecht.

Nach § 2112 BGB kann der Vorerbe über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§ 2113 bis 2115 BGB ein anderes ergibt. Aus den §§ 2113 bis 2115 BGB ergeben sich Beschränkungen für bestimmte Arten von Rechtsgeschäften. Dieses hat zur Folge, dass Verfügungen über das Nachlassvermögen, wie Schenkungen oder der Verkauf des Nachlassgrundstücks, unwirksam sind. Darüber hinaus muss der Vorerbe den Nachlass verwalten und die gewöhnlichen Erhaltungskosten tragen. Zudem muss der Vorerbe für Nachlassverbindlichkeiten haften.

Gemäß § 2136 kann der Vorerbe von den meisten Beschränkungen befreit werden und dadurch mehr Verfügungsfreiheit erhalten.

Darüber hinaus gehört auch zur Erbschaft des Nacherben, „was der Vorerbe aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstanden oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung gebührt“.

 

Welche Gründe gibt es für die Einsetzung einer Vor- und Nacherbschaft?

 

Am häufigsten wird die Vor- und Nacherbschaft in Ehegattentestamenten oder Erbverträgen verwendet. Einerseits soll die wirtschaftliche Versorgung des überlebenden Ehegatten gesichert werden. Andererseits soll sichergestellt werden, dass das Nachlassvermögen in seiner Substanz an die Nacherben (häufig die Kinder) weitergegeben wird. Die Vor- und Nacherbschaft kann damit ein Instrument des langfristigen Vermögensschutzes sein. 

 

Welche steuerrechtlichen Folgen hat die Vor- und Nacherbschaft?

 

Steuerrechtlich werden die Nacherben im Sinne des § 6 ErbStG als Erben des Vorerben angesehen. Dieses bedeutet, dass es zweimal zu einer Besteueruung kommt, und zwar mit dem Erbfall, also dem Anfall der Vorerbschaft und dann bei Eintritt des Nacherbfalls. 

 

Glossar