Erbschaftsteuerrecht: Immobilien im Erbschaftsteuerrecht

 

Einleitung

Für Immobilien gelten in Bezug auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer einige Besonderheiten. Vor allem im Rahmen der so genannten vorweggenommenen Erbfolge, also der Übertragung von Vermögen schon zu Lebzeiten, bieten Immobilien einige Gestaltungsmöglichkeiten zur Steueroptimierung, d.h. zur Senkung der Steuerlast. Die steuerliche Bewertung von Immobilien wirft auch deshalb immer wieder Fragen auf, weil den Beteiligten häufig der Wert der Immobilie und damit die Höhe der Erbschaftssteuer nicht bewusst ist. 

In einem anderen Beitrag haben wir bereits die Grundlagen der deutschen Erbschaftsteuer dargestellt. Darauf möchten wir hier verweisen. Aus diesem Grund stellen wir hier nur die relevanten Freibeträge dar und gehen im Folgenden spezifisch auf die Erbschaftsteuer mit Bezug zur Immobilie ein.

 

Welche Freibeträge erhalten die Erben?

Die Steuerlast hängt zu einem großen Teil von den persönlichen Freibeträgen der Erben ab. Die Freibeträge unterscheiden nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. In der folgenden Tabelle sehen sie die Freibeträge gemäß § 16 ErbStG.

Verwandtschaftsgrad

Freibetrag

Ehegatten, eingetragene Lebenspartner:

500.000 Euro Freibetrag

Kinder, Stiefkinder: 

400.000 Euro Freibetrag

Enkel:

200.000 Euro Freibetrag

Eltern, Großeltern:

100.000 Euro Freibetrag

alle anderen Erben:

20.000 Euro Freibetrag

 

 

Wie wird die konkrete Steuer berechnet?

Der persönliche Steuersatz bestimmt sich auf Grundlage der Zugehörigkeit des Erben zu einer Steuerklasse:

 

STEUERKLASSE

ZUGEHÖRIGE PERSONEN DER STEUERKLASSE

I

Ehegatte und eingetragener Lebenspartner, Kinder und Stiefkinder, Abkömmlinge der genannten Kinder und Stiefkinder (Enkelkinder) sowie die Eltern und Voreltern (bei Erwerben von Todes wegen)

II

Eltern und Voreltern (soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören), Geschwister, Abkömmlinge 1. Grades von Geschwistern (Nichten und Neffen), Stiefeltern; Schwiegerkinder; Schwiegereltern sowie der geschiedene Ehegatte

III

Alle übrigen Erwerber (andere natürliche und juristische Personen) und die Zweckzuwendungen

 

Zum anderen bestimmt sich der Steuersatz für den Erwerber nach dem konkreten Erwerbswert.

 

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich 

Prozentsatz in der Steuerklasse

I

II

III

75 000 EUR

7

15

30

300 000 EUR

11

20

30

600 000 EUR

15

25

30

6 000 000 EUR

19

30

30

13 000 000 EUR

23

35

50

26 000 000 EUR

27

40

50

über 26 000 000 EUR

30

43

50

 

 

Wie wird der Wert der Immobilie ermittelt?

Gehört eine Immobilie zur Erbschaft, ermittelt das Finanzamt den Verkehrswert der Immobilie. Das ist der Preis, der im Verkaufsfall voraussichtlich für eine Immobilie bzw. ein Grundstück zu erzielen wäre. Diesen Wert errechnen die Beamten anhand eines standardisierten Verfahrens nach §§ 180 ff. BewG. Standardisiertes Verfahren bedeutet hier, dass die Bewertung aufgrund der vorhandenen Daten erfolgt, eine Ortsbegehung findet nicht statt. Aus diesem Grund kann der vom Finanzamt ermittelte Wert vom tatsächlichen Marktwert abweichen. Erscheint der vom Finanzamt ermittelte Wert höher als der Marktwert, ist es für Erben sinnvoll, einen Sachverständigen zu beauftragen, der ein Gutachten auf Basis einer Besichtigung anfertigt. Dieses Gutachten können Erben gemäß § 198 BewG vorlegen, um so einen niedrigeren gemeinen Wert für die Berechnung der Erbschaftsteuer zugrunde zu liegen.

Ist der Wert ermittelt, sind weitere Begünstigungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen. So enthält das Erbschaftsteuergesetz Regeln, um die Erbschaftsteuer zu senken oder gänzlich zu vermeiden.

 

Vermietung der geerbten Wohnimmobilie


Ist die geerbte Immobilie vermietet, so werden 90 Prozent des ermittelten Wertes besteuert, § 13d ErbStG. 10 Prozent des Immobilienwertes werden also nicht versteuert. 

 

Nutzung der geerbten Immobilie als Eigenheim durch den Ehegatten

 

Für das Familienheim sieht das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz gemäß § 13 Absatz 1 Nr. 4 ErbStG eine komplette Steuerbefreiung vor.

Für den Ehegatten des Erblassers setzt die Befreiungsvorschrift gemäß § 13 Absatz 1 Nr. 4b) ErbStG voraus, dass der Erblasser in einem bebauten Grundstück iSd § 181 I Nr. 1–5 BewG bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Dabei kann es sich um jedes bebaute Grundstück handeln, in dem sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet. Problematisch kann aber sein, wenn der Ehegatte vor Ende der Zehnjahres-Mindestnutzungsfrist die Selbstnutzung aufgibt. Dies lässt die Befreiung rückwirkend entfallen. Dann fällt in voller Höhe Erbschaftsteuer an.

Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen (z.B. Pflegebedürftigkeit) an einer Selbstnutzung gehindert ist. In diesem Fall treten keine nachteiligen steuerlichen Folgen ein.

 

Nutzung der geerbten Immobilie als Eigenheim durch die Kinder

 

Eine ähnliche Vorschrift für die Kinder des Erblassers existiert in Form von § 13 Absatz 1 Nr. 4c) ErbStG. Die Kinder müssen das Familienheim unverzüglich nach dem Erbfall zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Da diese Regelung auf das Familienheim beschränkt ist, findet die Regelung nur auf diese Immobilie Anwendung. Hat der Erblasser mehrere Wohnungen, so sind die übrigen Wohnungen nicht befreit. Abweichend von der Regelung für den Ehegatten gilt jedoch zusätzlich, dass das Familienheim keine größere Wohnfläche als 200qm haben darf.

Schwierigkeiten kann auch die Bestimmung mit sich bringen, dass die Kinder das Familienheim "unverzüglich" nach dem Erbfall zu eigenen Wohnzwecken nutzen müssen, um in den Genuss der Steuererleichterung zu kommen. So kann es etwa bei sanierungsbedürftigen Immobilien zu einem erheblich verzögerten Einzug kommen, der dann die Steuerberfreiung gefährden kann. So gibt es mehrere Gerichtsurteile, welche die Versagung der Steuerbefreiung bestätigt haben, weil die Kinder erst einige Monate nach dem Erbfall eingezogen sind und nicht darlegen konnten, dass die Verzögerung nicht von ihnen zu vertreten war (FG Düsseldorf, 10.3.2021, 4 K 2245/19 Erb; BFH, 28.5.2019, II R 37/16; FG Nürnberg, 4.4.2018, 4 K 476/16). 

 

 

Welche Möglichkeiten hat der Erblasser zur günstigeren Gestaltung?

 

Abgesehen davon, dass der Erblasser durch letztwillige Verfügung die Freibeträge effektiv nutzen kann, bestehen Möglichkeiten im Rahmen der sogenannten „vorweggenommenen Erbfolge“. Eine beliebte Gestaltungsvariante ist die Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten unter Vorbehalt des Nießbrauchrechts. Der Nießbrauch berechtigt, die Gebrauchsvorteile aus der Immobilie zu ziehen, § 1030 BGB. Das Eigentum steht dennoch bereits zu Lebzeiten den Bedachten zu. Die gesetzliche Regelung geht davon aus, dass der Nießbraucher nach § 1041 BGB auf seine Kosten für den Erhalt der Immobilie zu sorgen, Versicherungspflichten zu erfüllen sowie öffentliche und private Lasten (z.B. Grundsteuer, Kehrgebühr, Grundschuld- oder Hypothekenzinsen) zu tragen hat, § 1047 BGB.

Steuerlich kann dies mitunter günstiger sein, als die allein erbrechtliche Übertragung. So können etwa individuelle Freibeträge der begünstigten Person effizienter ausgenutzt werden. Allerdings gilt auch hier, dass es Fallstricke gibt. Daher sollte man sich in jedem Fall rechtlich beraten lassen, bevor entsprechende Handlungen mit unbekannten Rechtsfolgen vorgenommen werden. Hierbei und bei allen weiteren Fragen unterstützt Sie Rechtsanwalt Dr. Michael Gottschalk, Fachanwalt für Erbrecht in Düsseldorf und Krefeld, gerne. 

 

 

 

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